Kreativ-Tipp: „Umgebe Dich mit schönen Dingen“
Eine der – wie ich finde – angenehmsten Begleiterscheinungen der Selbstständigkeit ist die Chance, sich die Regeln, nach denen der Arbeitsalltag organisiert wird, weitestgehend selbst gestalten zu können. Das heisst aber eben auch, dass man sich diese Regeln immer wieder selber vor Augen halten muß…
Aus meiner Anfangszeit als Texterin stammt eine kleine Liste mit Tipps und schlauen Sprüchen zum Thema „Kreatives Arbeiten“, die ich mir damals im Netz zusammengesucht hatte. Diese Liste hängt bis heute fein säuberlich gerahmt über meinem Schreibtisch – und die meisten Sätze darauf waren mir schon oft von großem Nutzen. Im Austausch mit Freelancer-Kollegen und Freunden stelle ich auch immer wieder fest, wie erstaunlich allgemeingültig viele dieser „Regeln“ sind. In loser Folge werde ich deshalb hier meine Lieblingstipps vorstellen, beginnend mit dem Credo: „Umgebe Dich mit schönen Dingen“ …
Schöne Dinge? Was genau soll das sein? Gibt’s da Regeln oder bedeutet Schönheit nicht für jeden Menschen etwas anderes? Und was haben „schöne Dinge“ mit Arbeit zu tun?? Zumindest die Antwort auf die letzte Frage kann ich sofort geben: Eine ganze Menge. Denn wenn ich meine Arbeitsumgebung als „schön“ und also für mich angenehm empfinde, wirkt sich das auch positiv auf meine Motivation aus – und inspiriert zu kreativen Gedanken.
Adieu Tristesse – Holt die Schönheit ins Büro!
Hand aufs Herz: In sehr, sehr vielen Büros herrscht doch bis heute eine entsetzliche Tristesse. Nichts gegen Zweckmäßigkeit am Arbeitsplatz, aber warum wird diese so oft mit Unpersönlichkeit verwechselt? Und ich rede nicht von Topfpflanzen und Familienfotos auf dem Schreibtisch. Solche vertrauten Büroklischees haben doch wenig zu tun mit tatsächlicher Gestaltungsfreiheit. Was aber macht es mit uns, wenn wir viele Stunden regelmäßig an einem genormten Ort verbringen, der eigentlich nichts mit uns selbst zu tun hat? Auf dessen äußere Gestaltung wir keinen nennenswerten Einfluss haben? Eines schafft eine derartige Umgebung schon mal nicht: Uns zu kreativem Denken anzuregen. Eher im Gegenteil. (Studien, wie sich der jahrelange Aufenthalt in genormten Büros auf die Menschen darin auswirkt, wären hoch interessant …) Und wie viele könnten wohl die Frage bejahen, ob sie ihre tägliche Arbeitsumgebung selbst als „schön“ empfinden?
Und wer jetzt behauptet, darum ginge es ja auch gar nicht und Gedanken über Schönheit am Arbeitsplatz seien überflüssiger Luxus – dem möchte ich an dieser Stelle vehement widersprechen.
Denn sobald ich mich in einer Umgebung wohlfühle und beim Betreten eines Raumes instinktiv denke: „Schön hier. Da bleibe ich gerne“ steigt natürlich auch meine Chance steil an, an diesem Ort längere Zeit produktiv sein zu können.
Unabhängig davon übrigens, wo ich mich gerade befinde. Denn gerade kreative Arbeit muss ja nicht immer im Büro stattfinden …
Bei der Arbeit oft unterschätzt: Der Wohlfühlfaktor
Als freie Kreative kann ich tatsächlich auch kreativ sein in der Wahl meines Arbeitsplatzes. Der Schreibtisch zu Hause käme ebenso in Frage wie ein Platz in einem Coworking Space oder evtl. in einer festen Bürogemeinschaft. Genauso gut kann es aber – gerade für mich als Texterin – auch mal eine Parkbank oder ein Tisch im Cafè werden, an dem ich mich zum Arbeiten niederlasse. Ich habe auch schon beim Spazierengehen Ideen ins Smartphone diktiert, um diese dann später zu Hause umzusetzen. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist groß und verlockend, weil plötzlich die starren Vorgaben eines klassischen Büroarbeitsplatzes in Frage gestellt und neu gedacht werden dürfen.
Eines aber gilt für alle Varianten: Die Arbeitsatmosphäre muss stimmig und der Kopf frei sein, um wirklich kreativ werden zu können. Wie aber lässt sich eine „kreative Arbeitsatmosphäre“ herstellen? Was gehört dazu? Und was auf keinen Fall?
Hier dürften die Meinungen weit auseinander gehen. Während die einen auf eine perfekt durchstruktierte Ordnung auf dem Schreibtisch und drumherum schwören, würden andere niemals freiwillig ihr geliebtes „kreatives Chaos“ aufgeben. Ein richtig oder falsch gibt es hier nicht. Wie es sich am besten kreativ sein lässt, ist tatsächlich eine Typfrage. Auch Mischformen sind übrigens erlaubt. ;-)
Entscheidend ist vor allem eines – ob man sich in der Umgebung wohlfühlt und sagen kann: „Das bin ich. Das passt zu mir.“
Schöner arbeiten – zu Hause oder anderswo?
Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass mir die Tätigkeit im Home Office mehr liegt als in einen Coworking Space zu gehen. Nicht, weil ich den Austausch mit Kollegen nicht sehr schätzen würde (zum Glück gibt’s da heutzutage auch die Möglichkeit, sich einer virtuellen Coworking-Community anzuschließen), sondern weil ich zum Schreiben meist eine ruhigere Atmosphäre ohne Ablenkung durch Andere vorziehe. Wenn ich dann doch mal den Gedanken habe, etwas Trubel könnte inspirierend wirken, gehe ich lieber mit dem Tablet ins Café oder an andere öffentliche Orte.
Warum? Ich mag einfach keine Großraumbüros. Und die Coworking Spaces, die ich bisher kennengelernt habe, waren mir immer irgendwie zu dicht dran am „normalen“ Büroalltag. Viel zu zweckmäßig gestaltet und für mich keine schöne Umgebung, um sich dort längere Zeit aufzuhalten . Aber wer weiß? Vielleicht ändert sich das, wenn ich mal einem Konzept begegne, das perfekt zu meinen Vorstellungen von angenehmer Arbeitsatmosphäre passt? Varianten gibt es da zum Glück schon heute viele – und noch mehr Ideen, was möglich sein könnte …
Genug des Exkurses – zurück zu den schönen Dingen. ;-)
Schön ist, was gefällt – zum Glück ganz individuell
Die Aufforderung „Umgebe Dich mit schönen Dingen“ endet natürlich nicht an der Schreibtischkante oder an der Türschwelle zum Büro.
So oft wie irgend möglich versuche ich, mich von dieser Aufforderung durch den ganzen Tag begleiten zu lassen. Dabei sollte von vornherein klar gestellt werden, dass „schöne Dinge“ nicht zwangsläufig Gegenstände sein müssen.
Ich hätte unter dem Titel dieses Beitrages auch leicht eine Abhandlung über Interior Design und Tipps zur Wohnraumgestaltung schreiben können und schlussfolgern: „Hey, wenn Du kreativ sein willst, dann fang mit den Gegenständen an, die Dich umgeben!“ Ich mag z.B. alte Möbel aus wertigen Materialien und mit deutlichen Gebrauchsspuren. Warum? Sie geben mir das Gefühl, mit einer Vielzahl von Geschichten zusammenzuleben, die ich am liebsten alle erzählen würde. Ich schaue mich in dem Raum hinter meinem Schreibtisch um und sehe lauter alte, schöne Dinge. Ein perfektes Setting zum kreativ sein. Für mich.
Für andere Menschen higegen könnten dieselben Möbelstücke einen Ballast darstellen, den es loszuwerden gilt. Vielleicht zieht es sie stattdessen einfach nach draußen oder an häufig wechselnde Orte. Schöne Dinge müssen nichts zu tun haben mit etwas, das sich besitzen lässt. Es könnten genauso gut all die „Dinge“, sprich: Eindrücke sein, die uns in der Natur begegnen. Es könnten Erfahrungen sein aus Begegnungen mit Menschen, Orten und Kulturen.
Wobei das, was für die eine etwas schönes ist, für den nächsten das Gegenteil bedeuten kann. Denn Schönheit ist – allen wiederkehrenden Normierungsversuchen zum Trotz – etwas radikal subjektives.
Eines aber bleibt sich gleich: Was wir als schön empfinden, erregt unsere Aufmerksamkeit. Immer. Und immer wieder neu. Wer sich also ganz bewusst mit schönen Dingen umgibt – egal wo und egal, worum es sich handelt – schenkt der Welt um sich herum intensive Beachtung. Und die steht am Anfang aller Kreativität.
tl;dr = Zu lang zum Lesen? Hier kommt die Zfsg ;-) :
Schönheit am Arbeitsplatz ist ein weithin unterschätztes Thema. Dabei ist eine als schön und angenehm empfundene Arbeitsumgebung enorm wichtig, insbesondere für kreative Tätigkeiten.
Entscheidend ist im Grunde nicht, wo gearbeitet wird – es kommt vielmehr auf die Möglichkeiten an, die Umgebung frei wählen und/oder mitgestalten zu können. Was dabei dann als schön erlebt wird, hängt stark von individuellen Wertvorstellungen ab.
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