Aus der Reihe:
Evergreen Tipps für kreatives Arbeiten –
nicht nur für Texter
Werbung und Wahrheit, so heißt es gerne mal, hätten nicht allzu viel miteinander zu tun. Um ein Produkt erfolgreich zu bewerben, zählen schließlich vor allem Emotionen und eine gute Story. Ob die dann auch stimmt, ist letztlich nicht so wichtig – so lange sie stimmig erzählt wird.
Soweit das verbreitete Klischee.
Und die Kreativen, die solche Werbe-Stories erschaffen? Brauchen selbst eigentlich nicht unbedingt an die Produkte zu glauben, die sie da für ihre Auftraggeber ins passende Licht rücken sollen, oder? Hauptsache, dem Kunden gefällt am Ende das Ergebnis, oder?
Oder doch nicht??
Für eine gute Sache lässt sich besser werben
Was passiert eigentlich, wenn ich Werbung mache für ein Produkt, das ich mir niemals kaufen würde? Was macht das mit mir? Und mit meiner Arbeit für dieses Produkt? Oder, anders gefragt: Wie glaubwürdig kann ich andere für etwas begeistern, an das ich selbst nicht glaube?
Die simple Antwort lautet: Gar nicht!
Was nicht heißt, dass sich nicht zahlreiche (End-)Kunden bereitwillig einlullen lassen von schönem Schein und brilliantem Blendwerk, egal ob die Botschaft ihnen dabei letzlich als glaubwürdig erscheint.
Wie man mit so etwas erfolgreich Werbung macht, das kann man lernen. Ob man es können sollte, um gute Werbung zu machen – das möchte ich heute einmal ganz explizit in Frage stellen.
Moralischer Zeigefinger? Och nö… Wer den unbedingt auf sich zeigen sehen möchte, wird ihn überall entdecken. ;-)
Es geht hier schließlich um schöpferische Tätigkeit, um einen wunderbaren Beruf, der Spass macht und erfüllend ist. So jedenfalls wünschen wir uns das doch alle als Kreative.
Wie erfüllend kann es aber sein, richtig viel Arbeit in etwas zu stecken, was wir eigentlich tief im Inneren belanglos finden oder gar ablehnen? Wie sollen wir aus so einem Grundgefühl heraus gute Arbeit abliefern? Und zwar eine, die wirklich gut ist – und nicht nur professionell. Den eigenen Kunden professionelle Arbeit zu bieten, ist kreativer „Dienst nach Vorschrift“. Eine Selbstverständlichkeit, kein besonderes Merkmal. Alles, was darüber hinaus geht, ist die Kür. Oder, anders gesagt: Wir können alle was – aber wenn wir wollen, können wir noch mehr … :-)
Und was könnte ein besserer Ansporn für richtig gute Kreation sein, als ein Projekt, das die beteiligten Kreativen selber richtig gut finden? Weil dahinter eine übezeugende Idee steht. Oder weil das zu bewerbende Produkt besonders schön, besonders wertig, nachhaltig, neuartig … eben besonders ist. Eine gute Sache halt. Es fühlt sich nun mal einfach gut an, für eine gute Sache zu arbeiten. Sogar in der Werbung ;-)
Wer Antworten liefern soll, darf auch Fragen stellen
Nur noch für Themen und Dinge arbeiten, die man selbst gut findet …
Eine schöne Vorstellung. Und in den Augen vieler Kreativ-Dienstleister, egal ob selbstständig oder angestellt unterwegs, ein luxuriöser Wunsch. Das Wichtigste, heißt es dann oft, sei doch gar nicht das zu bewerbende Endprodukt, sondern dass „die Konditionen stimmen“. Gemeint ist damit fast immer und fast immer nur – das Budget. Darüber hinaus gilt gerne mal: Liefern und besser keine Fragen stellen …
Ohne nun das wichtige Thema „faire Bezahlung in der Kreativbranche“ klein reden zu wollen (vielleicht mache ich dazu lieber mal einen Extra-Beitrag) werde ich das Gefühl nicht los, dass diese Auffassung von stimmigen Arbeitsbedingungen doch irgendwie zu kurz greift. Schließlich mache ich meine Arbeit als Kreative nicht nur für den zahlenden Auftraggeber, sondern auch für dessen Kunden. Und denen bin ich eine Antwort schuldig. Eine Antwort auf Fragen wie: Warum soll ich das kaufen? Warum soll ich dahin gehen? Warum dieses tun und jenes lassen? Um überzeugende Antworten liefern zu können, muss ich zuvor meine eigenen Fragen an das Produkt loswerden dürfen. Erst wenn ich selbst überzeugt bin, kann ich andere überzeugen. Ganz ehrlich und ohne professionelle Tricks.
Wenn ich mit solch einer Grundhaltung an die Arbeit gehen kann, wird das im Ergebnis immer spürbar sein. Für alle Beteiligten. Und es wird die Entscheidungen des Endkunden ebenso beeinflussen wie den Erfolg meines Auftraggebers. Mission accomplished.
Aber da ist noch etwas anderes …
Ehrlich kreativ sein
Hand aufs Herz: Eigentlich können wir uns doch vor lauter Ehrlichkeit und Authentizität im Marketing heute kaum noch retten. Das „Echt & Gut“ Versprechen prangt mehr oder weniger überdeutlich auf derart vielen Produkten, Marken und sogar Menschen, dass man schon wieder misstrauisch werden muss …
Warum ist das so? Woher diese Sehnsucht nach etwas, zu dem wir einfach mal ganz entspannt „ja“ sagen dürften?
Ohne in einen philosophischen Diskurs einsteigen zu wollen – die allermeisten von uns empfinden unsere Welt eben nicht als besonders ehrlich und glaubwürdig. Dazu muss man nicht mal in der Werbung arbeiten. ;-)
Doch wir würden uns wünschen, dass sie es wäre.
Wir möchten dafür sein dürfen und „ja“ sagen und haben doch immer den Verdacht, da ist noch ein Haken. „Echt & Gut“ ist eben viel seltener als die Zahl der Etiketten, auf denen es draufsteht. Mit Sehnsüchten lässt sich hervorragend Werbung machen, immer schon. Wir wissen es und sind doch nicht dagegen gefeit. Wir wollen so gerne die einzig wahre Nadel im Heuhaufen für uns finden. Texter, Designer und sonstige kreatvie Artworker genauso wie alle anderen auch.
Selbst hinter den Produkten stehen zu können, für die man arbeitet, spornt an und verleiht den Ergebnissen … nun ja, Authentizität. Auch wenn die Entscheidung, ein Produkt in der eigenen Wahrnehmung mit dem „Echt & Gut“ Siegel zu versehen natürlich immer eine subjektive ist. Das kreative Endergebnis ist meist objektiv besser, wenn wir uns selbst identifizieren können mit unserem Tun.
Saubere Arbeit für eine gute Sache machen zu wollen ist kein Luxus. Es ist zutiefst menschlich. Gut so.
tl;dr = Zu lang zum Lesen? Hier kommt die Zfsg :
Wer in Werbung und Marketing nicht nur gute Geschichten erzählen, sondern sich dabei auch selbst gut fühlen will, sollte sich und den Kunden gegenüber ehrlich bleiben und für Produkte arbeiten, die man gerne unterstützt. Das „gute Gefühl“ macht sich im Ergebnis bemerkbar. Davon profitieren Auftraggeber, Kreative und Käufer gleichermaßen.